Selbst frühzeitig Hüttenschlafplätze zu finden ist dieses Jahr sehr schwer. Wir haben deshalb nur eine Übernachtung für Freitag auf der Lenggrieser Hütte bekommen, ohne für Samstag noch auf der Tegernseer Hütte 4 Schlafplätze für eine zweitägige Durchwanderung der Tegernseer Berge reservieren zu können. Somit wird es ein kurzes Wanderwochenende bei dem wir einige östlich von Lenggries gelegene Gipfel besuchen.
Bei der Planung unserer Anfahrt kommen wir das erste Mal in den Genuss der kürzlich erfolgten Verkehrsverbunderweitwrung des MVV: Unsere Deutschland-Tickets der Erwachsenen mal nicht eingerechnet, fahren wir mit dem dem Zug der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) <<www.bayerische-oberlandbahn.de>> zu zweit für 1,70 € die einfache Strecke bis nach Langries.
Gegen 14:15 Uhr erreichen wir den im Jahr 1205 erstmal urkundlich erwähnten Luftkurort Lenggries (679 m) und machen uns vom Bahnhofsvorplatz durch diesen Hauptort des Isarwinkels auf zum 1694 baulich gestalteten Kalvarienberg
, dem ältesten seiner Art im Isartal und einem der ältesten in Bayern. Kalvarienberge entstanden ab Ende des 15. Jahrhunderts in Italien und fanden nördlich der Alpen während der Zeit des Barocks bzw. der Gegenreform besondere Beachtung. Der Begriff Kalvarienberg leitet sich über das aramäische Wort für Golgota aus dem dem lateinischen Calvariae locus (des Schädels Ort) ab. Von der bereits 1665 installierten Kreuzigungsgruppe aus Kupfer sind heute, neben den bis 1698 entstanden 2 Kapellen, nur noch 2 Figuren erhalten.
Für uns geht es weiter an der Sankt Dionysius Kapelle vorbei hinter zum Schloss Hohenburg , in dem heute eine Realschule und ein Gymnasium für Mädchen untergebracht sind. Das Schloss wurde 1712 bis 1718 auf den Grundmauern der 1707 bei einem Großbrand vernichten Burg errichtet. Der gleichzeitig angelegte Barockgarten enthält noch alten Baumbestand aus den Gründungsjahren des Parks.
Wir folgen dem Hirschbach, den wir beim Wanderparkplatz Rouine Hohenburg (717 m) queren und folgen der Straße weiter bis Tradln. Bevor die Straße an einer Hofeinfahrt endet, biegen wir links in einem Feldweg. Dieser führt entlang des Grades der Grasleite über die Gipfel des Grasleitenstein (1.268 m)
und des Grasleitenkopf (1.433 m)
zur Seekaralm. Wir haben uns damit für die unbekannteste Hüttenaufstiegsroute (angegebene Wanderzeit: ca. 3:00 Std.) entschieden.
Belohnt werden wir nach einem steilen Anstieg mit einem engen, wurzelbewachsenen Waldpfad auf dem Grad mit zum Teil steil abfallenden Seiten rechts und links des Weges, der Ab und An den Vorhang der Bäume lichtet und den Blick auf das Isartal frei macht. Hier sehen wir aus, woher Lenggries seinen Namen bekommen hat: Die langen (=lenge) Kies- und Gröllbänke (=Gries) der Isar, die wir von hier sehr gut überblicken können. Diese Router bedarf aber unbedingt guter Trittfestigkeit, insbesondere bei zum Teil rutschigen Bodenverhältnissen, und konstanter Konzentration auf den Weg. Für uns der heute der perfekte Wanderweg, trotz kleiner schlammiger Abschnitte.
Alternativ hätten wir den Grasleitensteig (Weg 621, angegebene Wanderzeit: ca. 2:30 Std.) oder den Weg am Hirschbach bzw. Sulzbach östlich des Grasleitenstein (Weg 601 und 612, angegebene Wanderzeit: ca. 3:00 Std.) nehmen können.
Als wir beim letzten, etwas schlammigen Abstieg die aussschließlich für die eigenen Mitglieder nutzbare Seekaralm <<http://www.alpenverein-gleissental.de/huette.html>> der DAV-Sektion Gleißental sehen ist es zur Lenggrieser Hütte (1.338 m) und unserem heutigen Ziel nicht mehr weit, an dem wir auch noch bis 19:00 Uhr ein warmes Abendessen bekommen werden. Mit Pausen und ersten Wanderschritten in dieser sonst oft so verregneten bisherigen Wandersaison machen wir den Aufstieg in ca. 3:30 Stunden. Die Hütte der DAV-Sektion Lenggries mit heute insgesamt 50 Schlafplätzen würde 1949/1950 errichtet und 2020 zuletzt modernisiert. Aufgrund der hohen Umweltstandards wurde sie vom DAV intern prämiert. Uns fallen die vielen Mountainbikefahrer auf, die den Weg hier hinauf gefunden haben. Wir werden freundlich empfangen und fühlen uns während unseres Hüttenaufenthalts wohl.
Am nächsten Morgen gibt es bereits eine halbe Stunde vor offizieller Frühstückszeit das Startzeichen für den warmen Café, sodass wir bereits gegen 7:30 Uhr mit fertig gepackten Rücksäcken und aufgefüllten Vorräten auf dem Weg zu unserem ersten heutigem Ziel sind, dem Gipfel des Seekarkreuz (1.601 m) . Der Weg zum Seekarkreuz ist gleich ab der Hütte an der Kreuzung neben aus dem Tal ankommenden Grasleitensteig ausgeschildert und führt zunächst noch über leicht feuchte Wegabschnitte durch den Wald steil hinauf (angegeben Gehzeit: 45 Minuten). Bereits vor dem Erreichen des Gipfels können wir bereits die freie Fernsicht Richtung Alpenhauptkamm sowie über die Lenggrieser Hütte und das Isartal auf den dahinter liegenden Lenggrieser Hausberg, den Brauneck, mit seinen 18 Liften und Kabinenbahnen genießen. Unsere Wanderkarte führt uns auf der Forststraße Richtung Raualm, die wir bereits in östlicher Bilckrichtung vom Seekarkartzgipfel sehen könnten und die eine Selbstversorgerhütte der DAV-Sektionen München und Oberland ist. An der Wegmarkierung am linken Wegrand, unterhalb des Aufstiegs zum Brandkopfes (1.569 m)
, folgen wir dem unbefestigten Pfad zu unseren ersten Gipfel des Kampen, dem Spitzkamp (1.603 m)
. Dabei ist, wie schon auf dem Schild zum Einstieg auf dem Kampen erwähnt, gute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich: Wir finden uns bald darauf mit Händen am Felsen unsere Tritte sichernd wieder. Vereinzelt wurden für einen besseren Halt auch Tritte und Stangen aus Metal in den Felsen geschlagen sowie mit Rundholz errichtete Treppenstiege eingerichtet. Am Sptizkamp erwartet uns wieder eine phänomenale Aussicht und natürlich das zweite Gipelbuch auf unserer heutigen Tour, in das wir uns eintragen können. Der weitere Weg über den Auerkamp (1.607 m)
bis kurz vor den Ochsenkamp (1.594 m)
hält weniger Herausforderungen für uns bereit. Leicht hangabfällige Wegeabschnitte und Passagen über bei Nässe rutschigen Felsenuntergrund können gut gemeistert werden. Kurz vor dem Ochsenkamp steigen wir hinab zum Hirschtalsattel (1.227 m)
: Spätestens jetzt kommen auch die Wanderstecken zum Einsatz, da der Weg passagenweise doch sehr steile Stellen hat. Hier öffnet sich der Blick über die Saurüsselalm bis nach Bad Wiessee am Tegernsee. Am Sattel treffen wir auf viele Mountainbikefahrer, die die Forststraße hier drauf gefahren sind, um von hier weiter zur Neuhüttenalm oder zur Lenggrieser Hütte zu fahren.
Nach einer Pause auf der einzigen Bank im Schatten geht es für uns zur weiter zur Neuhüttenalm (Weg 614) zwischen Neuhütteneck (1.408 m) und Fockenstein (1.564 m)
, wo wir uns an der Getränkestation mit Selbstbediung gerne bedienen und eine weitere kurze Schatten- und Trinkpause einlegen. Am Abzweig zum Fockenstein halten wir uns links und freuen uns wieder in bewaldetes und damit schattiges Gelände zu kommen. Der mittlerweile schmale Waldpad bringt uns unter den steil abfallenden Felswänden des Schlangkopf (1.330 m)
vorbei. Unterhalb des Geierstein (1.491 m)
entscheiden wir uns auf Höhe des Scharzwandgipfels (1.364 m)
aufgrund der schlechter angesagten Wetterlage gegen den letzten Gipfelaufstieg zum Geierstein und für den Abstieg über den nördlich davon verlaufenden Waldweg, der uns bis nach Lenggries zurück bringt.
Dieser zweite Tag verlangt neben Trittsicherheit und Schwindelfreiheit auch eine gute Kondition, da es doch den einen oder anderen Höhenmeter hinauf und wieder hinab geht. Viele Passagen sind unbeschattet, sodass ein guter Sonnenschutz und ausreichend Flüssigkeit ganz wichtige Begleiter waren. Und eigentlich hätten wir uns eine Abkühlung im Naturfreibad verdient, was wir aber aufgrund des angesagten Wetters sein lassen.
Wir freuen uns, dass wir auf unserem Rundweg so wenig Forststraßen, dafür überwiegend kleine Wanderpfade gehen können. Und wir sind froh, als wir unseren Beinen eine Pause auf dem Heimweg gönnen dürfen.
Am Bahnhof wartet nach unserer ca. 7:30 Stunden dauernden Tour der halbstündlich fahrende Zug Richtung München auf uns, in dem wir so machen anderen Wanderer wieder, dem wir im Laufe des Tages begegnet waren. Beim Umsteigen in München dürfen wir dann nach das Gewitter erleben, dem wir erfolgreich ausweichen sind. Somit waren untere Regenjacken dann doch nicht ganz umsonst im Rucksack.
Eckdaten der Tour:
Tag 1: Lenggries HBF – Lenggrieser Hütte
ca. 7,5 km, ↑ 785 m, ↓ 125 m
Tag 2: Lenggrieser Hütte – Seekarkreuz – Kampen – Neuhüttenalm – Lenggries HBF:
ca. 16 km, ↑ 765 m, ↓ 1.420 m (mit Überquerung des Geierstein: ↑ 915 m, ↓ 1.570 m)